Das kommerzielle Nutzungsrecht

 

Heute spaziere ich durch einen x-beliebigen Koffermarkt (oder sonstigen Hobby- oder Handwerkermarkt). Das Ambiente ist toll, die Luft knistert vor Kreativität, kauffreudige Kunden treffen auf motivierte Verkäufer. Eigentlich eine schöne Sache…

 

Situation 1:

 

Eine Dame, irgendwo zwischen 40 und 50 Jahren alt, verkauft bemalte Tassen. Die Motive umfassen verschiedene bekannte Figuren aus Film und Comic. Ich entdecke Calvin and Hobbes, Snoopy, Pippi Langstrumpf und viele weitere.

 

Situation 2:

 

Ich entdecke eine Bekannte von mir, die ihre selbstgenähten Kissen verkauft. Prominent in der Mitte: Ein Kissen aus einem Stoff, bedruckt mit Olaf aus dem Film „Die Eiskönigin“ von Disney.

 

Situation 3:

 

Eine Kunsthandwerkerin bietet farbenfrohe Nanas aus Pappmache an (Nanas sind Plastiken der französischen Künstlerin Niki de Saint Phalle (1930–2002), die mit der Bildersprache der Pop Art sinnliche, farbenfroh gestaltete voluminöse weibliche Körper mit überdimensionierten Geschlechtsmerkmalen darstellen - Wikipedia)

 

Situation 4:

 

Ein ganzer stand voller wunderschönem Cabochon-Schmuck. Die Motive unter Glas sind vielfältig. Blumen, Engel, Porträts von berühmten Persönlichkeiten, auch mal nur schöne Muster… Laut den beiden jungen Verkäuferinnen stammen die Bilder aus dem Internet, teilweise auch von schönen Motivpapieren, Geschenkpapieren oder aus Katalogen.

 

Situation 5:

 

Eine Dame bietet gehäkelte Handpuppen an. Prinzessinnen, Räuber, ein Globi und verschiedene Tiere sind an ihrem Stand zu entdecken.

 

Alle diese 5 Situationen haben etwas gemeinsam: Es ist NICHT erlaubt, solche Produkte anzubieten, ohne die kommerziellen Nutzungsrechte zu besitzen.

 

Nehmen wir die erste Situation:

 

All diese Figuren hat sich irgendwo irgendjemand ausgedacht. Diese Person (oder mehrere Personen, oder ein Konzern) verdient Geld damit, ihre Comics/Filme/wasauchimmer zu vertreiben. Dazu gibt es offizielle Fanartikel, von denen ebenfalls ein Teil des Verkaufserlös in die Tasche des geistigen Eigentümers fliesst. Wenn nun aber Person X ohne Erlaubnis zB einen Snoopy auf eine Tasse malt und diese verkauft, verdient Person X durch die Bekanntheit von Snoopy Geld, obwohl sie Snoopy nicht erfunden hat und keinerlei Rechte besitzt. Dem Erfinder von Snoopy (bzw. demjenigen, der nun die Rechte hat) entgeht dieser Verdienst.

 

Eigentlich also logisch, dass das nicht erlaubt ist, oder?

 

Dasselbe gilt für den Olaf-Stoff, und obwohl ich guten Gewissens Prinzessinnen-Handpuppen kaufen würde… Bei Globi hört es schon wieder auf! (Siehe Situation 5)

 

Wie sieht es nun bei den Nanas aus? Überall im Internet kann ich die bunten Figuren von verschiedensten Hobbybastlern kaufen. Aber heisst das automatisch, dass es erlaubt ist?

 

Ganz deutlich lehnen sie sich nämlich an die Arbeiten der Künstlerin Niki de Saint Phalle an.

 

Ganz ehrlich? Ich weiss es nicht. Aber ich glaube nicht, dass so was erlaubt ist.

 

Es gibt aber einen einfachen Weg, es herauszufinden. Wer selber solche Plastiken fertigt und verkauft, frage doch einfach bei der betreffenden Künstlerin nach. Oder bei Leuten, die offiziell Merchandising (also Fanartikel) der Künstlerin anbieten, zB Museen.

 

Kommen wir zu Situation 4:

 

Auch Bilder, die man im Internet findet, sind geschützt!

 

Nein, man darf nicht einfach ein hübsches Bild ausdrucken und es benutzen. Irgendjemand hat viel Zeit und Arbeit in dieses Bild gesteckt, sei es nun ein Foto, eine Zeichnung oder ein Muster. Er verdient möglicherweise seinen Lebensunterhalt mit der Herstellung dieser Bilder.

 

Jeder, der nun diese Bilder ausdruckt, weiterverarbeitet und verkauft, bringt diese Person um ihren Erwerb.

 

Meine Schwester ist Illustratorin und glaubt mir, es ist schwer genug, sich in diesem Beruf über Wasser zu halten. Es ist schlicht und ergreifend unfair, sich gratis an Bildern zu bedienen und damit Geld zu machen.

 

Ich wäre nicht ich, wenn ich die Leute nicht darauf angesprochen hätte… Hier die Reaktionen der Verkäufer:

 

Situation 1 (Tassen mit Comic-Motiven)

 

Ich mache die Dame darauf aufmerksam, dass sie ihre Produkte nicht verkaufen darf. Sie reagiert überrascht. „Was, wieso denn nicht? Aber ich habe sie ja selbst gemalt. Ach so, na gut… Aber hier auf dem Markt wird ja wohl niemand herumlaufen, der die Rechte an den Comic-Figuren hat *lacht*“

 

„Ich habe sie ja selbst gemalt!“ - Spielt absolut keine Rolle. Ob abgezeichnet, abgepaust, oder sogar frei Hand aus dem Kopf… Solange die Figuren erkenntlich sind, ist es verboten. Punkt.

 

„Niemand wird das merken hier auf diesem Markt“ - Stimmt wahrscheinlich. Trotzdem ist es verboten. Und, wie bereits gesagt, schlicht und ergreifend unfair und respektlos dem Künstler gegenüber, der die Charaktere entworfen hat.

 

Situation 2 (Kissen mit Olaf-Stoff von Disneys Eiskönigin)

 

Reaktion meiner Bekannten drauf, dass das verboten ist: „Das wusste ich nicht. Aber ich habe schon so viele verkauft davon, das Kissen läuft am besten von allen. So viele Eiskönigin-Fans hier, vor allem die kleinen Mädchen. Und Disney macht ja wohl sowieso genug Geld, ist ja nicht so, dass ich die mit meinen paar Artikeln in den Ruin treibe :)“

 

Das wusste ich nicht.“ - Unwissenheit schützt vor Strafe nicht.

 

„Das läuft am besten von allen!“ Klar - Weil Disney bekannt ist und der Film sehr beliebt. Genau deshalb ist es ja auch verboten! Schliesslich ist es allein Disneys Verdienst, dass der Film und die Charaktere sehr bekannt und beliebt sind. Der Verkäufer hat nichts dazugetan, verdient jetzt aber damit. Logisch, dass das verboten ist, oder?

 

„Disney macht ja wohl auch so genug Geld“ - Man kann Disney als Konzern mögen oder nicht… Es spielt absolut keine Rolle. Du machst dich mit deinem Verhalten strafbar. Und nicht umsonst gibt es den Spruch: „Don’t mess with Disney“ - Denn die sind besonders scharf darauf, dass niemand mit ihren Sachen Geld macht.

 

Situation 3 (Nanas)

 

Ich frage nach, ob es überhaupt erlaubt ist, solche Skulpturen anzubieten. „Darüber habe ich mir noch gar nie Gedanken gemacht. Ich habe gesehen, dass viele Leute im Internet solche Plastiken verkaufen. Aber Sie haben Recht, das ist vielleicht gar nicht erlaubt…“

 

Die Verkäuferin wirkt verunsichert. Ich rate ihr, es doch einfach mal abzuklären (Die Künstlerin selbst zu erreichen wird wohl schwierig, aber bestimmt gibt es Kontaktdaten im Internet zu Museen, in denen sie ausstellt, oder sie hat einen Agenten…)

 

„Ich habe gesehen, dass viele Leute im Internet solche Plastiken verkaufen“ - Viel zu oft höre ich: Das machen doch alle, wieso darf ich denn nicht? Und es ist auch wirklich zum Zähneknirschen, wenn man selbst mit viel Aufwand darauf achtet, keine unerlaubten Materialien/Bilder zu benutzen und sich um kommerzielle Lizenzen zu kümmern, wenn die 5 Nachbarstände fröhlich einfach alles verkaufen, was man eigentlich nicht darf, und damit auch noch besser verdienen. Aber trotzdem, bzw. gerade deshalb, ziehe ich den Hut vor allen, die sich die Mühe machen: Macht weiter so! Ihr macht es richtig!

 

Situation 4 (Cabochon-Schmuck)

 

Die Reaktion der jungen Verkäuferinnen: „Die Bilder sind aus dem Internet, die sind frei zugänglich. Was, nein? Ja dann sind sie halt selber schuld, wenn sie sie hochladen *lach* da kommt ja jeder ran. Und das Geschenkpapier und das Motivpapier haben wir gekauft, da dürfen wir es dann auch verwenden.“

 

„Bilder aus dem Internet sind Allgemeingut“ - Nein! Sind sie nicht!

 

„Da kommt schliesslich jeder ran, wenn sie sie hochladen, sind sie selber Schuld, wenn man sie auch benutzt“ - Nein! Das Internet ist für viele Künstler eine Plattform, um für sich zu werben und sich potenziellen Kunden vorzustellen. Darauf können und sollen sie nicht verzichten, nur weil ein paar Leute keine Ahnung haben! Ausserdem: Wer sagt denn, dass der Künstler selbst sein Bild hochgeladen hat? Könnte ja auch irgendwer anders gewesen sein. Nochmals: Bilder aus dem Internet sind keine Freebies, die man nach Lust und Laune benutzen kann!

 

„Wir haben es gekauft, dann dürfen wir es auch verwenden!“ - Dies ist leider ein weit verbreiteter Irrtum. Denn wenn man etwas kauft (und dazu gehört auch Material aus dem Bastelladen) hat man  damit das Recht erworben, es für die private Nutzung zu brauchen. Nicht aber für die kommerzielle Nutzung!

 

Und hier kommt mal eine kleine Liste, wofür das alles gilt (die Liste ist nicht vollständig, es sind nur Beispiele):

 

Stoffe

 

Das gilt vor allem für Stoffe mit Mustern, unifarbene Stoffe sind in der Regel ausgenommen. Auf jeden Fall gilt es für alle Stoffe, die mit bekannten Figuren bedruckt sind (Pippi Langstrumpf, Hello Kitty, Biene Maja und alles, was es an Film/Fernsehen/Comic-Vorlagen so gibt)

 

Schnittmuster/Anleitungen

 

Egal ob aus einem gekauften Heft oder als Freebie aus dem Internet: In der Regel sind Schnittmuster und Anleitungen nur für den privaten Gebrauch gedacht.

 

Schriften

 

Auch Schriften sind geschützt. Es gibt aber im Internet viele lizenzfreie Schriften, auch kostenlos, wenn man danach sucht.

 

Stempel

 

Hier hat sich bereits jemand viel Mühe gemacht, herauszufinden, welche Stempel man im kleinen Rahmen auch kommerziell Nutzen darf. Wenn ihr mit Stempeln arbeitet, empfehle ich euch diese Seite sehr:

 

http://www.zeit-zum-basteln.de/copyrights-stempelfirmen/

 

Plotterdateien

 

Das übliche: Gekauft heisst nicht, dass ihr damit erstellte Produkte weiterverkaufen dürft. Gilt auch für Freebies.

 

Stickdateien

 

Das übliche: Gekauft heisst nicht, dass ihr damit erstellte Produkte weiterverkaufen dürft. Gilt auch für Freebies.

 

Bilder/Illustrationen

 

Egal ob aus einem Katalog, einem Buch, aus dem Internet, … Nein, ihr dürft sie nicht einfach nutzen, weiterverbasteln und das Ergebnis verkaufen.

 

Aber es gibt gute Alternativen: Sucht nach (kostenlosen) lizenzfreien Bildern oder gebt ein wenig Geld auf Stockphoto-Websites aus. Damit unterstützt ihr dann auch noch den Künstler :)

 

Oder zeichnet einfach selber was. Was eigenes, natürlich. Nicht Snoopy oder Biene Maja bitte ;)

 

Schlussendlich könnt ihr auch einen Illustrator oder Grafiker anfragen, ob er speziell für eure Wünsche was entwirft. Das kostet dann natürlich was, aber ihr könnt dann genau mit ihm aushandeln, wofür ihr diese Bilder nutzen dürft. Und zwar je nachdem eben nur ihr, und niemand anders.

 

Bekannte Figuren (Disney, Hello Kitty, Star Wars, Biene Maja, Comics, Filme, Bilderbücher, usw.)

 

Absolutes No-Go. Lasst die Finger davon.

 

Nachahmungen berühmter Kunstwerke (zb niki de saint phalle, Picasso, usw.)

 

Da müsst ihr genau abklären, wer die Rechte am Bild hat, ob dieser eine gewerbliche Nutzung erlaubt oder ob das Bild (zB durch sein Alter) nicht mehr geschützt ist.

 

Marken (Disney, Hello Kitty, Nike, usw.)

 

Finger weg!

 

Bastelartikel (zB auch Streuteile und was es alles gibt)

 

Das übliche: Gekauft heisst nicht, dass ihr damit erstellte Produkte weiterverkaufen dürft.

 

Wolle

 

Hier habe ich noch nie davon gehört, dass aus Wolle gestrickte Artikel nicht weiterverkauft werden dürfen (Achtung: Gilt nur für die Wolle, nicht für Strickmuster!). Sicherheitshalber kann man natürlich nachfragen.

 

Schnittmuster, Bastelanleitungen aus dem Internet

 

Das übliche: Gekauft heisst nicht, dass ihr damit erstellte Produkte weiterverkaufen dürft. Gilt auch für Freebies.

 

Motivpapiere

 

Das übliche: Gekauft heisst nicht, dass ihr damit erstellte Produkte weiterverkaufen dürft. Gilt auch für Freebies.

 

Servietten

 

Das übliche: Gekauft heisst nicht, dass ihr damit erstellte Produkte weiterverkaufen dürft.

 

Gilt besonders, wenn bekannte Figuren aus Comic/Film und Co abgebildet sind.

 

Ich habe sagen hören, dass viele Serviettenhersteller absolut dagegen sind, dass ihre Produkte in Form von Serviettentechnik weiterverkauft werden.

 

Webbänder

 

Das übliche: Gekauft heisst nicht, dass ihr damit erstellte Produkte weiterverkaufen dürft.

 

Gilt besonders, wenn bekannte Figuren aus Comic/Film und Co abgebildet sind.

 

Barbiekleider

 

Soviel ich weiss, ist der Verkauf von selbstgemachten Barbiekleidern nicht erlaubt. Eigentlich logisch, Mattel will schliesslich seine eigenen Kleider verkaufen.

 

Wachstuch, Werbeplanen

 

Je nachdem, wofür auf der Plane geworben wird, dürft ihr diese nicht einfach vernähen und verkaufen. Fragt unbedingt vorher beim Hersteller an! (Beispiel: Eine Werbeplane von Nike wird zur Tasche vernäht, das NikeLogo ist gut sichtbar - Absolutes NoGo! Gilt natürlich nicht nur für grosse und bekannte Marken, sondern auch sonst)

 

Stanzteile (CuttleBug, BigShot)

 

Das übliche: Gekauft heisst nicht, dass ihr damit erstellte Produkte weiterverkaufen dürft.

 

Geschenkpapier

 

Das übliche: Gekauft heisst nicht, dass ihr damit erstellte Produkte weiterverkaufen dürft.

 

 

 

Ach du Sch*****, denken jetzt sicher einige. Dann darf ich ja gar nichts davon nutzen?

 

 Keine Sorge, so schlimm ist es nicht!

 

Es ist nur so, dass ihr es vorher abklären müsst!

 

Sehr viele Firmen erlauben zum Beispiel, dass man mit ihrem Material oder ihren Anleitungen kleine Auflagen für den Verkauf auf Hobbymärkten erstellen darf. Also fragt einfach beim Hersteller nach.

 

Oder lest die AGB’s, da steht in der Regel sehr genau, was man darf und was nicht.

 

Oft gibt es die Möglichkeit, für wenig Geld eine Lizenz zur kommerziellen Nutzung zu erhalten.

 

Gerade bei Freebies aus dem Internet ist das oft so: Man darf die Schnittmuster und Anleitungen gratis nutzen für den privaten Gebrauch, wenn man aber Geld damit machen will, zahlt man eine kleine Gebühr an die Hersteller.

 

Schaut übrigens einfach mal in eure Bastelbücher rein: In 99,9 % aller Fälle steht irgendwo, dass die Anleitungen nur für private Zwecke gedacht sind. Der Kauf eines Buches oder von Material ist also noch lange kein Freifahrtschein, um damit Geld zu machen.

 

„Und was, wenn da nichts steht? Darf ich dann?“ Nein! Aber frag doch beim Ersteller des Bildes oder dem Hersteller des Materials einfach lieb an. Firma googlen, Kontakt finden, kurze E-Mail schreiben. Das ist ja kein Ding. Nicht abschrecken lassen, wenn mal ein Hersteller Nein sagt, der nächste sagt vielleicht ja.

 

Und was, wenn man auf dem Grabbeltisch mal wieder ein Eckchen hübschen Stoff gefunden hat, aber natürlich keine Ahnung, wer der Hersteller ist?

 

Oder von der Freundin vor Jahren diese hübschen Webbänder, leider ohne Verpackung?

 

Dann kann man ja gar nicht rausfinden, ob man es nutzen darf (für den Verkauf) oder nicht, oder?

 

Ja, stimmt. Aber die Antwort ist leider nicht: „Du kannst dann nix dafür, also nutze es.“ Sondern: „Du weisst es nicht, also lass es.“

 

 

Ja, das ganze ist mit etwas Aufwand verbunden. Aber nicht so viel, wie es sich im ersten Moment vielleicht anhört. Die Grundregel ist ganz einfach:

 

Hat jemand Zeit und Geld in ein Design gesteckt, darf ich es nicht einfach kommerziell Nutzen!

 

Ich darf aber jederzeit beim Hersteller anfragen. Am besten gleich sagen, wozu und in welchem Rahmen.

 

Guten Tag

 

Ich bin auf ihr wunderschönes Produkt XY gestossen. Für Hobbymärkte kreiere ich YX und würde das Produkt sehr gerne dafür verwenden. Es handelt sich um höchstens XX Produkte pro Jahr. Darf ich ihr Produkt XY dafür nutzen?

 

Freundliche Grüsse